Was sind „Vaskulitiden“?
Vaskulitiden sind entzündliche Erkrankungen der Blutgefäße und gehören im Kindesalter zu den sehr seltenen Erkrankungen. Durch den Befall lebenswichtiger Organe, wie Gehirn, Lunge, Herz, Nieren usw. sind diese Krankheiten potenziell lebensbedrohlich. Die Diagnose wird überwiegend klinisch gestellt, teilweise durch Labor- und histologische Befunde ergänzt. Nicht selten gelingt keine genaue Zuordnung, und die Vaskulitis bleibt unklassifiziert.
Bis 2006 wurden Klassifikationskriterien für Vaskulitiden bei Erwachsenen auch zur Diagnose bei Kindern herangezogen. Unter den systemischen Vaskulitissyndromen im Kindesalter überwiegen hypersensitive Formen wie Purpura Schönlein-Henoch, gefolgt vom Kawasaki-Syndrom, das fast ausschließlich bei Kindern vorkommt. Andere Vaskulitiden wie das Behçet-Syndrom, die juvenile Polyarteriits nodosa oder die Wegenersche Granulomatose sind extrem selten. Die beiden letztgenannten Formen zeigen ein anderes Krankheitsbild und eine andere Prognose bei Kindern als bei Erwachsenen.
Seit 2006 gibt es – aufgrund der Initiative der Kinderrheumatologin Seza Ozen aus Ankara – EULAR/PreS Klassifikationskriterien für Vaskulitiden im Kindes- und Jugendalter, s. Tabelle unten. Dabei wurden für 5 Krankheiten formale Kriterien erarbeitet:
- Bei der Purpura Schönlein-Henoch (PSH) wurde das Kriterium „palpable Purpura“ unverzichtbar. Neu erscheint das mögliche Kriterium „Arthritis“. In der Biopsie sollen überwiegend IgA-Ablagerungen zu finden sein.
- Der Nachweis typischer Veränderungen der Koronararterien berechtigt auch dann zur Diagnose Kawasaki Erkrankung (KD), wenn nicht 4 der möglichen 5 weiteren Kriterien neben dem Fieber vorhanden sind.
- Bei der Polyarteriitis nodosa (PAN) wurde die im Kindesalter seltene Infektion mit Hepatitis-B-Virus gestrichen und neben der Biopsie eine aussagekräftige Angiographie akzeptiert.
- Bei der Wegener-Granulomatose (WG) wurden die tracheobronchiale Stenose und die Positivität für c-ANCA hinzugefügt. Die Abklärung der Lungenpathologie sollte mittels Computertomographie erfolgen.
- Bei der Takayasu-Arteriitis (TA) wurden die Angiographie als unverzichtbar und die arterielle Hypertonie als mögliches Kriterium hinzugefügt.
EULAR/PreS Konsensuskriterien zur Klassifikation von Vaskulitiden im Kindes- und Jugendalter
Fett dargestellt sind die Erkrankungen, für die formale Klassifikationskriterien aufgestellt wurden.
Kursiv dargestellt sind die Erkrankungen, für die klinische Beschreibungen formuliert wurden.
1. Befall überwiegend der großen Gefäße | Takayasu-Arteriitis (TA) |
2. Befall überwiegend der mittelgroßen Gefäße | Polyarteriitis nodosa (PAN) |
Kutane Polyarteriitis | |
Kawasaki-Erkrankung (KD) | |
3. Befall überwiegend der kleinen Gefäße | |
– Granulomatös | Wegener Granulomatose (WG) |
Churg-Strauss-Erkrankung | |
– Nichtgranulomatös | Mikroskopische Polyangiitis |
Purpura Schönlein-Henoch (PSH) | |
Isolierte kutane leukozytoklastische Vaskulitis | |
Hypokomplementäre urtikarielle Vaskulitis | |
4. Andere Vaskulitiden | Behcet-Erkrankung |
Vaskulitiden bei Infektion (einschließlich PAN bei Hepatitis B), Malignom, Medikamenten, einschließlich Hypersensitivitätsvaskulitis | |
Vaskulitis bei entzündlichen Bindegewegserkrankungen | |
Isolierte Vaskulitis des Zentralnervensystems | |
Cogan-Syndrom | |
Unklassifizierte Vaskulitis |
Literatur: H.-I. Huppertz, Z Rheumatol 2009, 68:772-774