Erweiterung von ProKind-Rheuma um autoinflammatorische Erkrankungen
Bei autoinflammatorischen Erkrankungen (AID) kommt es durch Dysregulation des angeborenen Immunsystems zu rezidivierender oder persistierender Inflammation. Neben der mit der AID unmittelbar assoziierten Morbidität kommt es vielfach bei den Kindern/Jugendlichen und ihren Familien zu reduzierter Lebensqualität und eingeschränkter sozialer Partizipation, soziökonomischen Belastungen und negativen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit. Eine zeitnahe Diagnose, das Erreichen einer inaktiven Erkrankung durch Krankheitsaktivitäts-angepasste medikamentöse Therapie (treat-to-target (T2T) Prinzip), eine psychosoziale Unterstützung und das Empowerment der Betroffenen sind zentral, um akuter Morbidität, Langzeit-Komplikationen und psychosozialen Belastungen entgegenzuwirken bzw. diese zu verhindern. Um die Früherkennung, Diagnostik und Behandlung dieser Erkrankungen zu verbessern, haben sich KinderrheumatologInnen in Arbeitsgruppen der Kommission ProKind der GKJR in einem strukturierten Prozess abgestimmt und Handlungsempfehlungen für ein zielgerichtetes Vorgehen entwickelt. Dabei wurden für definierte AID-Therapieziele standardisierte regelmäßige Beurteilungen der Erkrankungsaktivität und an die jeweilige Krankheitsschwere angepasste, konsensbasierte Therapiewege vorgeschlagen.
Forschungsfragen
Pro-AID ist Teil der aktuellen Pro-Kind-Initiative der GKJR zur Harmonisierung der Therapie rheumatischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen und möchte für AID folgendes schwerpunktmäßig untersuchen:
- Weg zur Diagnose mit assoziierten Belastungen und Identifikation von Defiziten, Schulungsbedarf und von bürokratischen Hürden (z.B. Kinderärzte, öffentliche Einrichtungen oder Schulärzte)
- Umsetzung der ProKind Handlungsempfehlungen, Erfassung des Therapie-Outcome und Evaluation möglicher Einflussfaktoren (demografische, sozioökonomische, klinische oder genetische) sowie der Betrachtung partizipativer Entscheidungsfindungen
- Erfassung der Lebensqualität von Betroffenen mit AID und psychosozialer Herausforderungen zur Erarbeitung konkreter Unterstützungsmöglichkeiten
Dokumentationsablauf
Durch Nutzung etablierter Strukturen der Kerndokumentation rheumakranker Kinder und Jugendlicher (Kinder-KD) möchte Pro-AID etwa 250 AID-Erkrankte (inzidente und prävalente Fälle) multizentrisch prospektiv über mindestens zwei Jahre standardisiert beobachten. Alle an der Kern-KD teilnehmenden Einrichtungen sind herzlich eingeladen, an Pro-AID mitzuwirken. Potenzielle Studienteilnehmende sind Kinder und Jugendliche (<18 Jahre) mit AID. PatientInnen mit systemischer juveniler idiopathischer Arthritis und chronischer nicht bakterieller Osteomyelitis sind ausgeschlossen.
Erhebungsunterlagen
Wir bitten (i) die behandelnden ÄrztInnen, (ii) die Erziehungsberechtigten und (iii) die PatientInnen (≥12 Jahre), zweimal jährlich (idealerweise 6-monatlich) über mindestens 2 Jahre die standardisierten Fragebögen auszufüllen (Abbildung 1).
In den ärztlichen Fragebögen werden spezifische Angaben zum klinischen Phänotyp und Genotyp, Erfüllen der Klassifikations- und Diagnosekriterien, zur Krankheitsaktivität, der Therapie und dem Therapieansprechen sowie dem Krankheitsmanagement erhoben (z.B. mittels Physician Global Assessment, Composite Score FMF). Die Erziehungsberechtigten und Jugendlichen werden u.a. zum Weg bis zur Diagnose, zu aktuellen Beschwerden, zur Inanspruchnahme von medizinischen Leistungen, Behandlung und Zufriedenheit, sowie zur Lebensqualität, familiären Situation und sozioökonomischen Belastung befragt (z.B. unter Verwendung von Pediatric Quality of Life Inventory, Familien-Belastungs-Fragebogen und Juvenile Arthritis Multidimensional Assessment Report). Bei der Fragebogenentwicklung waren Betroffene mit AID, ForschungspartnerInnen der Deutschen Rheumaliga sowie VertreterInnen der Organisation FMF& AID Global Association aktiv eingebunden.
In gemeinsamer Zusammenarbeit werden momentan Patienten-Informationsmaterialien ausgearbeitet, die den teilnehmenden Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden. Die regulatorisch-ethischen Schritte sind eingeleitet. Eine individuelle Kontaktaufnahme mit den Einrichtungen zur Evaluierung möglichen Unterstützungsbedarfs und zu Schulungszwecken wird in Quartal 4 erfolgen.
Projektstart und Förderung
Das Projekt startete im ersten Quartal 2024. Die Projektförderung erfolgt durch die Stiftung für Kinder mit Seltenen Erkrankungen „Kindness for Kids“.
Im geplanten Vorhaben wird eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen der pädiatrischen Rheumatologie/Autoinflammation, der Epidemiologie und Versorgungsforschung sowie Betroffenen und ForschungspartnerInnen erfolgen, mit dem Ziel, die Betreuung und Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit AID weiter zu optimieren und damit ihre Prognose und Lebensperspektive zu verbessern.
Verbundpartner
Prof. Dr. Klaus Tenbrock, Uniklinik RTWH Aachen und Universitätsspital Bern
Prof. Dr. Dirk Föll, Universitätskinderklinik Münster
Prof. Dr. Gerd Horneff, Asklepios Kinderklinik Sankt Augustin
Prof. Dr. Kirsten Minden, Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin und Charité – Universitätsmedizin Berlin
Prof. Dr. Jasmin Kümmerle-Deschner, Universitätsklinik Tübingen
Prof. Dr. Tilmann Kallinich, Charité – Universitätsmedizin Berlin
Dr. Tatjana Welzel, Universitäts-Kinderspital beider Basel, Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin